27.03.2022: Redebeitrag zur "Antifaschistischen
Stadtteil-Demonstration" am 26.03.
Die Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Arbeitenden
„Haltet Abstand“, „Schränkt eure Kontakte ein“, „Lasst euch impfen“
– seit Beginn der Corona-Pandemie lautet so in etwa die Losung der
Bundesregierung. Der Schutz vor dem Virus wird größtenteils in die Verantwortung des
oder der Einzelnen gelegt. Dass es sich dabei um wichtige Maßnahmen
handelt, an die man sich halten sollte, ist nicht zu leugnen, aber
wenn man sich den Umgang der Regierung mit der Pandemie anschaut,
wird klar, dass das Reden vom „Wohl der Bevölkerung“ scheinheilig
ist. Der Großteil der Regelungen, die zur Bekämpfung des Virus
beschlossen wurden, führten zu Einschränkungen im privaten Leben.
Allein beispielsweise der Tönnies-Skandal zeigt, dass die Maßnahmen
nur als tragbar gelten, insofern sie nicht die Produktion
herunterfahren und die Wirtschaft betreffen. Immer wieder wiesen
Studien nach, dass die Übertragung des Virus besonders am
Arbeitsplatz stattfand. In dieser Zeit hat der Kapitalismus also
wieder mal sein wahres Gesicht gezeigt: Nicht die Menschen stehen an
erster Stelle, sondern der Profit. Dass die Regierung der kapitalistischen BRD in erster Linie im
Interesse des Kapitals handelt, ist auch nichts Neues. Immer wieder
wurde in den letzten zwei Jahren betont, wie sehr auf die Wirtschaft
Rücksicht gegeben werden muss, was für große Verluste die
Einschränkungen des Handels und der Produktion für Unternehmen
bedeuten. Und trotzdem sind letztendlich die Kapitalist*innen die
Gewinner*innen dieser Krise. Das Vermögen der Aldi Eigentümer*innen
Beate Heister und Karl Albrecht Junior beispielsweise erhöhte sich
in dieser Zeit um 4,3 Milliarden Euro, Dieter Schwarz, der
Eigentümer von Lidl und Kaufland, ist sogar um 11,1 Milliarden Euro
reicher geworden. Währenddessen wurden auch immer wieder Gelder für
Unternehmen, Polizei und nicht zuletzt die Bundeswehr beschlossen.
Erst neulich wurden allein 100 Milliarden Euro – man muss sich diese
gewaltige Summe mal veranschaulicht vorstellen – als Reaktion auf
den momentan in der Öffentlichkeit heiß diskutierten Krieg in der
Ukraine für die Modernisierung des deutschen Militärs in Aussicht
gestellt. 100 Milliarden Euro, die nicht da waren, als es darum
ging, kostenlose Masken und Tests zur Verfügung zu stellen, das
stark überbelastete Pflegepersonal besser zu bezahlen oder für
Arbeiter*innen einen finanziellen Ausgleich zu verschaffen. Denn diese sind die größten Leidtragenden der Pandemie. Anfang 2020
war die Arbeitslosenquote kontinuierlich gestiegen, es waren
zeitweise etwa 6 Millionen Arbeiter*innen in Kurzarbeit – im
Vergleich dazu gab es während der Weltwirtschaftskrise 2009 am
höchsten Punkt etwa 1,1 Millionen Kurzarbeiter*innen in der BRD –
und es fielen zahlreiche Minijobs weg. Letzteres betrifft vor allem
Student*innen und Menschen, die ihren Lebensunterhalt nur durch
mehrere Jobs bestreiten können. Dazu gehören vor allem auch Frauen,
die durch die Coronapandemie besonders betroffen sind. Neben
erschwerten Bedingungen für Mütter, zum Beispiel durch zeitweilige
Schließung von Kitas und Kindergärten, ist auch eine Zunahme an
häuslicher Gewalt und ähnlichem bemerkbar geworden. Aber um allgemein auf den Umgang mit der Pandemie zurückzukommen:
Dieser zeichnet eben kein „Versagen“ der deutschen Regierung ab,
denn es wurde genauso gehandelt, wie der Kapitalismus es vorsieht.
Egal welche Krise, ob eine weitere Pandemie oder eine
Wirtschaftskrise, auf uns zukommen würde, auf bürgerliche Parteien
ist für uns, ist für Arbeiter*innen kein Verlass. Es wird immer das
Kapital an erste Stelle gesetzt werden, nicht die Gesundheit der
Bevölkerung. Ansonsten hätte man schon zu Beginn der Pandemie ganz
anders gehandelt, hätte Menschen nicht kontinuierlich dazu gebracht,
weiterhin auf die Arbeit zu gehen, hätte für finanziell geschwächte
Arbeiter*innen einen Ausgleich geschafft, hätte nicht vehement das
Aufheben eines Patents auf die Corona-Impfstoffe verhindert, hätte
Tausenden von Menschen das Leben gerettet. Doch das steht nicht im
Interesse eines kapitalistischen Staates, solang dadurch nicht die
Profitmaximierung behindert wird. Aus dieser ganzen Kritik darf man jedoch letztendlich nicht
schließen, dass Querdenken eine richtige Alternative ist. Eine
Bewegung, die einem Wirrwarr aus Verschwörungstheorien den Platz
bietet, wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet und mit Rechten und
Faschist*innen Hand in Hand geht, vertritt genauso wenig das
Interesse der Arbeitenden. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig,
unseren Klassenstandpunkt zu betonen und zu zeigen: Es braucht einen
durch und durch antikapitalistischen und antifaschistischen Ansatz,
der nicht blind den Entscheidungen der Regierung hinterherläuft, der
erkennt, dass unsere Ziele nicht Veränderungen innerhalb dieses
Systems sein dürfen und dass wir uns gemeinsam gegen den
bürgerlichen Staat, ebenso wie gegen Faschist*innen und ihre
Symphatisant*innen stellen müssen.